Bibeltexte

   

 

Ein paar biblische Szenen und Texte zur Begegnung mit andern Religionen

 

Melchisedek, der König von Salem, kam zu Abraham und brachte Brot und Wein mit. Melchisedek diente dem Gott El Eljon (der Allerhöchste) als Priester. Er segnete Abraham und sagte zu ihm: "Glück und Segen schenke dir der höchste Gott,...." ...und Abram gab Melchisedek den zehnten Teil von allem....

Genesis 14,18ff

 

Kurzkommentar: Wie man diese kurze, kryptische Szene auch immer gewichten mag, eines ist deutlich: Der spätere Stammvater der monotheistischen Religionen wird in diesem erstiestamentlichen, jüdischen Text auf seinen nach Heimat suchenden Wanderungen geschildert in einer besonderen Begegnung mit einem nichtjüdischen, kanaanitisch-heidnischen Priesterkönig. Und diese Begegnung ist eine positive, achtungsvolle, gegenseitig ehrfürchtige Erfahrung, in der Segen auch vom heidnischen Priester zu Abraham fliesst. Dass zudem noch die "heiligen" Zeichen von Brot und Wein eine Rolle spielen in diesem Austausch, erdet und krönt, ja ritualisiert das Ganze noch besonders.

 

 

Gott steht auf in der Versammlung der Götter und zieht sie zur Rechenschaft: 2»Wie lange wollt ihr noch das Recht verdrehen und für die Schuldigen Partei ergreifen? Verteidigt die Armen und die Waisenkinder, verschafft Wehrlosen und Unterdrückten ihr Recht! "Befreit die Entrechteten und Schwachen, reißt sie aus den Klauen ihrer Unterdrücker!

Psalm 82

 

Kurzkommentar: Der biblische Gott wird als Teilnehmer einer Götterversammlung geschildert. Es wird also nicht bestritten, dass es andere Götter gibt. Entscheidend für das legitime "Gottsein" ist offenbar jedoch das ethische Verhalten der Götter. Nicht blosse "Existenz" ist daher die entscheidende Frage, sondern "was für ein Gott?" und das noch zugespitzt auf die Frage nach dem menschenfreundlichen, vor allem die Schwachen stützenden Handeln und Verhalten.

 

Jesus verließ die Gegend und zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück.

22Eine kanaanitische Frau, die dort wohnte, kam zu ihm und rief: »Herr, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Meine Tochter wird von einem bösen Geist sehr geplagt.«

23Aber Jesus gab ihr keine Antwort. Schließlich drängten ihn die Jünger: »Sieh zu, dass du sie los wirst; sie schreit ja hinter uns her!«

24Aber Jesus sagte: »Ich bin nur zum Volk Israel, dieser Herde von verlorenen Schafen, gesandt worden.«

25Da warf die Frau sich vor Jesus nieder und sagte: »Hilf mir doch, Herr!«

26Er antwortete: »Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen.«

27»Gewiss, Herr«, sagte sie; »aber die Hunde bekommen doch wenigstens die Brocken, die vom Tisch ihrer Herren herunterfallen.«

28Da sagte Jesus zu ihr: »Du hast ein großes Vertrauen, Frau! Was du willst, soll geschehen.« Im selben Augenblick wurde ihre Tochter gesund.

Matthäus 15

 

Kurzkommentar: Diese besondere, nur von Matthäus überlieferte Erzählung, hat in Bezug auf das Thema der interreligiösen Begegnung grosse Konsequenzen. Wir begegnen hier einem Jesus in der Defensive. Er ist im nicht-jüdischen, "heidnischen", Galiläa benachbarten "Ausland" unterwegs und möchte offenbar nicht auffallen. Eine nicht-jüdische, kannaanäische (für Juden Inbegriff der verachteten Heiden) Frau stellt ihn mit ihrer Not. Er will ausweichen, wird aber schliesslich durch die Hartnäckigkeit der Frau zum Eingehen auf sie gezwungen. D.h. Jesus, der Messias und christliche Gottessohn hat zu Beginn dieser Begegnung ein offenbar zu enges Selbstverständnis seiner eigenen Mission (nur zum Volk Israel gesandt) und weitet seinen Horizont durch diese interreligiöse Begegnung (Motto: Jesus lernt durch eine interreligiöse Begegnung etwas dazu!)

 

 

Kurz bevor die Boten des römischen Hauptmanns bei ihm eintrafen, bekam Petrus Hunger und wollte essen. Während das Essen zubereitet wurde, hatte er eine Vision.

11 Er sah den Himmel geöffnet und es kam daraus etwas auf die Erde herab, das sah aus wie ein großes Tischtuch, das an vier Ecken gehalten wird.

12Darin befanden sich alle Arten von vierfüßigen Tieren, Kriechtieren und Vögeln.

13Eine Stimme rief: »Auf, Petrus, schlachte und iss!«

14Aber Petrus antwortete: »Auf keinen Fall, Herr! Noch nie habe ich etwas Verbotenes oder Unreines gegessen.«

15Doch die Stimme forderte ihn ein zweites Mal auf und sagte: »Was Gott für rein erklärt hat, das erkläre du nicht für unrein!«

Apostelgeschichte 10

 

Kurzkommentar: Der sonst oft auch mutige Apostel Petrus hat Bedenken, trotz offensichtlichem Interesse eines römischen Hauptmanns am neuen Glauben die Grenze zu einer wirklichen Begegnung auf gleicher Augenhöhe zu überschreiten. Vor allem die Reinheitsregeln, Speisevorschriften und Tabus sind ihm ein Problem. Ein sehr krass-anschaulicher, von Gott geschicktes Traumbild sprengt diese Grenzen und stösstdie Türen auf. Auch hier zentral: Umlernen, sich in die neue Wirklichkeit "integrieren" lernen, Grenzen überschreiten, den Horizont weiten muss nicht zuerst der "Missionierte," sondern zuerst der "Missionar", nicht der "andere", sondern "wir", nicht der "Fremde", sondern der "Einheimische", nicht der "Ungläubige", sondern der "Gläubige".

 

Christoph Jungen