Kirche mitten in der Land(wirt)schaft

   

 

Wie geht es heute den Bauernfamilien?

Die Einkommenslage hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Etwa ein Drittel der Bauernfamilien gehört zu den Working poor. 2005 betrug das Jahreseinkommen je Familienarbeitskraft 38800.00 Franken (bei 100% Arbeit, 1016 Stunden pro Tag, oft ohne Frei-Tage, oft ohne oder mit ganz wenigen Ferientagen).
Mit Riesenanstrengungen haben sich die Bauernfamilien den Herausforderungen unserer Zeit gestellt: Direktvermarktungen, Nischenprodukte, ökologischere Produktionsweise, tiergerechtere Haltung, Schlafen im Stroh, Events auf dem Bauernhof, Party-Service, Zusammenarbeitsformen, Betreuungsaufgaben, Nebenverdienste etc. Jede dieser Anstrengungen ist mit Investitionen und Mehrarbeit verbunden. Gerade die Bäuerinnen leisten hier viel Pionierarbeit.
Die gesellschaftliche Anerkennung für die enormen Anstrengungen fehlt: Von der Wirtschaft kommt der Vorwurf: ihr produziert zu wenig effizient! Von der Ökologie kommt der Vorwurf: ihr produziert zu industriell! Von der Politik kommt der Vorwurf: ihr kostet zu viel! Von den Konsumenten kommt der Vorwurf: eure Preise sind zu hoch!
Sehr viele, die solche Vorwürfe formulieren, arbeiten weniger und verdienen mehr! Das drückt auf die Stimmungslage: Scheidungen, Burn-out sowie psychische und physische Erkrankungen nehmen zu. Betriebe werden aufgegeben, junge, gut ausgebildete Bauern brechen unter der Belastung zusammen und müssen mitten in der Erntezeit notfallmässig aussteigen.
Immer weniger Bauern produzieren für immer mehr Konsumenten. Der Bauernstand gehört heute zu einer kleinen Minderheit von knapp 4%. Sogar in vielen Dörfern der Schweiz gehören Bäuerinnen und Bauern zur Minderheit. Als (bedrohte?) Minderheit zu leben, muss gelernt sein!
Kurz: der Alltag der Bauernfamilien ist geprägt von viel Arbeit, wenig Ermutigung, vielen Vorwürfen und Selbstzweifeln. Als Kirche sind wir sehr direkt herausgefordert.

 

Muss sich die Kirche für eine soziale Abfederung des «Bauernsterbens» einsetzen oder steht auch für uns als Konsumentinnen und Konsumenten etwas auf dem Spiel? Die Antwort ist einfach: Für uns alle steht viel auf dem Spiel:

Die Gesundheit und Sicherheit unseres täglichen Brotes. Bei der Inlandproduktion können wir die Standards selber setzen, beim Import nicht (z.B.Gentech!). Das gleiche gilt für die Tierhaltung und soziale Standards.
Die Gestaltung unserer Landschaft. Die Schweiz als sehr dicht besiedeltes Land besteht zum grössten Teil aus Kulturlandschaft. Diese wird geprägt von der Landwirtschaft, ihren Produktions- und Lebensbedingungen.
Die Bäuerinnen und Bauern bilden unser nationales Spezialteam für: Ernährung, Landschaft, Agri-Kultur, Leben in und mit der Natur, ganzheitliches Leben (Familienbetrieb!).
Sie helfen mit zur Sensibilisierung für Probleme in Drittweltländern, die viel mit Ernährung, Stadtflucht, Bodenfruchtbarkeit etc. zu tun haben.

 

Präsenz der Kirche mitten in der Land(wirt)schaft:

Die Kirche antwortet auf die Existenzprobleme der Landwirtschaft mit vielfältigen Angeboten:

Das bäuerliche Sorgentelefon (siehe Kollekten für den Kirchensonntag) steht den Bäuerinnen und Bauern zur Verfügung, berät und betreut sie bei Problemen des Alltags.
Die Schweizerische Reformierte Arbeitsgemeinschaft Kirche und Landwirtschaft SRAKLA trägt die ethisch-sozialen Fragen in die Landwirtschaftsdiskussion hinein, sensibilisiert die Kirche für die Minderheit der Bauernfamilien, begleitet Bäuerinnen und Bauern durch eine schwierige Zeit des Umbruchs, hilft Brücken bauen über den Stadt-Land-Graben hinweg.
Unter dem Thema «Kirchen auf dem Land Wandel verstehen und gestalten» arbeitet der Bereich Gemeindedienste und Bildung (Fachstelle Gesellschaftsfragen) der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn an den beiden Teilprojekten: «Kirche und regionale Entwicklung» und «Kooperation der Kirchgemeinden».
Kirchgemeinden auch städtische nehmen die Problematik der Landwirtschaft und des täglichen Brotes auf. Seelsorgerinnen und Seelsorger gehen auf die Probleme der Bauernfamilienein und arbeiten mit den entsprechenden Fachstellen zusammen.

 

Was können wir als Kirchgemeinde tun?

Nicht alle können alles. Aber wir können einander unterstützen:

Unsere Kirchgemeinde wird Mitglied der SRAKLA und erhält dafür die vierteljährliche SRAKLA-Post.
In den Kirchen und Kirchgemeindehäusern legen wir die Kärtchen des Sorgentelefons auf.
Als kirchliche Mitarbeitende konsultieren wir bei Problemen in und mit Bauernfamilien das Sorgentelefon und profitieren von seiner Erfahrung.

Ueli Tobler-Stämpfli

Prospekte SRAKLA

Hans Aeschlimann

Inforama Seeland

3232 Ins

Telefon 032 312 91 11

hans.aeschlimann@vol.be.ch

 

Kärtchen Sorgentelefon

Daniela Clemenz

AGRIDEA

Eschikon 28

8315 Lindau

Telefon 052 354 97 00

daniela.clemenz@agridea.ch

 

Auskünfte

Pfr. Ueli Tobler-Stämpfli

Fluhackerweg 11

3225 Müntschemier

Telefon 032 313 13 51

pfarramt.tobler@sesamnet.ch